Theaterstück für gehörlose und hörende Kinder ab 5 Jahren
Spiel: Jürgen Endress, Katrin Schyns
Regie & Konzept: Daniela Krabbe
Bühne & Licht: Lukas Wegner
Kostüme: Céline A. Vajen
Dramaturgische Beratung: Sara Vajen
Klang-Design: Till Nicklas
Uraufführung 14. Mai 2013 am Theaterhaus Frankfurt in Kooperation mit Kunst für Kinder! e.V.
Gefördert von Kulturamt Frankfurt am Main, Kunst für Kinder! e.V., Stiftung Citoyen und Naspa Stiftung
An den Ufern eines Sees leben Zwei. Beide gehören zusammen, doch das ahnen beide noch nicht. Ihr Leben ist davon bestimmt, zum jeweils anderen zu gelangen. Die Eine geht ungeduldig das Ufer ihrer Seehälfte auf und ab und versucht dabei, den Anderen zu finden. Dieser sieht sie, hört sie aber nicht. Unter Wasser herrscht Stille. Doch eines Tages treffen sie aufeinander…
Er hört nicht, was sie hört – sie sieht nicht, was er sieht. Und doch gehören sie zusammen.
Ein Schauspieler und eine Tänzerin lassen in einem stillen Raum eine gemeinsame Sprache entstehen, deren Worte aus Bewegung und Licht geformt sind, eine Sprache hinter den gesprochenen Worten. Dabei spielt Wasser eine nicht unerhebliche Rolle auf der Bühne…
Alle Kinder, gehörlose und hörende, sind herzlich willkommen, zu schauen, zu staunen und in die Stille hinein zu hören – leise zusammengehören.
Das Theaterstück stille.wasser richtet sich in erster Linie an gehörlose und hörgeschädigte Kinder ab 5 Jahren. Für diese Kinder gibt es kaum Möglichkeiten, Theater in verschiedenen Formen zu rezipieren. Dabei kann und sollte vor allem das Theater als visuell erfahrbarer Ort eine Form der Rezeption wie auch der Teilhabe sein.
stille.wasser ist in seiner Ästhetik vor allem für gehörlose Kinder entwickelt worden. Anders als bei den hörenden muss bei den gehörlosen Kindern das Gewicht stärker auf visuellen Bildern liegen. Statt des Gehörs stehen vor allem das Sehen und das Spüren im Vordergrund ihrer sinnlichen Erfahrungen. Geräusche und Bewegungen wurden daher stärker visualisiert. Ein spezielles Lichtdesign wird unterstützt durch Wasserreflektionen und Videoprojektionen sowie spür- und sichtbare Geräusche. Ganz bewusst wurde auf einen Text und damit einhergehend auf sowohl gesprochene als auch gebärdete Sprache verzichtet. Auch begleitende Musik spielt keine Rolle, um der von allen hör- und spürbaren Stille einen wichtigen Platz einzuräumen. Für die hörenden Kinder wird vor allem das Erlebnis dieser Stille im Vordergrund stehen. Doch im Rahmen der Geschichte und im Theatersaal müssen sie nicht ganz auf ihren Hörsinn verzichten, denn auch in der Stille gibt es viel zu hören.
Ganz bewusst wurden Schauspieler und Tänzerin ausgewählt: der gehörlose Schauspieler Jürgen Endress ist für die hörgeschädigten Kinder eine konkrete und authentische Identifikationsfigur. Die Tänzerin Katrin Schyns ist selbst schwerhörig, hat aber keinen Zugang zu der gehörlosen Welt und vermittelt so die erlebte Diskrepanz zwischen beiden Welten.
Statt in der ihnen jeweils selbstverständlichen Sprache agieren die Spieler in stiller Interaktion miteinander. So wird mit den Mitteln von Schauspiel, Tanz und anderen körperlichen Ausdrucksmöglichkeiten den gehörlosen Kindern im Theaterstück stille.wasser ihre eigene Realität und Individualität als Kunstereignis erfahrbar gemacht. Die künstlerische Form soll den gehörlosen Kindern in abstrakter Weise vermitteln, dass das von ihrer Umwelt ihnen zugeschriebene Defizit gar keines ist, sondern – ganz im Gegenteil – ihre visuelle Intelligenz ihr ganz ureigenes Potenzial ist.
Damit die hörgeschädigten Kinder ganz bewusst den Weg ins Theater finden, soll stille.wasser vor allem in Theaterräumen gespielt werden. Das für sie zumeist erste Theatererlebnis soll ihnen einen neuen Erfahrungsraum als Ausgangspunkt für weitere, selbst gewählte Kulturerlebnisse aufzeigen.
Indem die hörende und gehörlose Welt auf der Bühne aufeinander treffen und ihr gegenseitiges Potenzial erfahren, sollen diese beiden Welten auch im Zuschauerraum aufeinander aufmerksam gemacht werden. Daher ist es bei jeder Vorstellung von stille.wasser wichtig, auf eine gleichwertige Anzahl von gehörlosen und hörenden Kindern zu achten.
„Eine sinnlich-poetische Annäherung zwischen zwei Menschen, die erst einen Weg der Verständigung finden müssen; eine Zelebrierung der Stille mit all ihren Untertönen. Wenn weder verbal, noch in Gebärdensprache gesprochen respektive gebärdet wird, dann ist der Blick auch frei auf eine neue Form der Kommunikation zwischen Hörenden und Gehörlosen.“ (Frankfurter Rundschau)